Sonderfragen
1. „Drittzuwendungen auf den Todesfall“ wie Lebensversicherungen
Sowohl bei Bankkonten, Depots, Bausparverträgen als auch insbesondere bei Lebensversicherungen wird regelmäßig durch Vertrag unter Lebenden eine Person benannt, welcher die Versicherungssumme oder das Konto nach dem Tod zustehen soll. Bei Lebensversicherungen wird diese Begünstigung Bezugsberechtigung genannt. Wichtig ist dabei folgendes: Die Bezugsberechtigung resultiert aus einem Vertrag, nicht aus einem Testament! Das hat zwei Konsequenzen: sie kann zum einen nicht durch Testament geändert oder widerrufen werden, sondern nur durch neuerliche Erklärung gegenüber dem Versicherungsunternehmen. Zum anderen fällt die Versicherungssumme dem Begünstigten außerhalb des Nachlasses an. (gleichwohl allerdings steuerpflichtig). Das bedeutet, dass wenn also etwa die Erbschaft wegen Überschuldung ausgeschlagen wird, erfasst dies nicht die Lebensversicherungssumme. Andersherum ist bei einer Enterbung diese Summe nicht erfasst, so dass daran stets gesondert zu denken ist!
2. Personengesellschaften
Während Anteile an Kapitalgesellschaften (Aktien, GmbH-Anteile) uneingeschränkt vererblich sind (allerdings können bei GmbH-Satzungen Einziehungsrechte der übrigen Gesellschafter gegenüber den Erben bestehen), ist dies bei Personenhandelsgesellschaften (also offene Handelsgesellschaften oder Kommanditgesellschaften) nicht der Fall. Hierzu muss der Gesellschaftsvertrag Regelungen enthalten. Solche Regelungen finden sich häufig dahingehend, dass nur solche Erben in die Gesellschaft eintreten können, die entweder im Gesellschaftsvertrag benannt werden oder die über bestimmte Voraussetzungen (Qualifikationen) verfügen müssen. Sinn ist dabei, die Gesellschaft im Hinblick auf ihre zu den Kapitalgesellschaften grundsätzlich unterschiedliche Haftungs- und Vertretungsregelung vor ungeeigneten Nachfolgern zu schützen. Den im Gesellschaftsvertrag genannten und durch Testament eingesetzten Personen fällt sodann als Ausnahme vom Universalerbrecht der Anteil an der Personengesellschaft und damit die Mitunternehmerstellung durch „Sondererbfolge“ unmittelbar an. Bei der Abfassung eines Testaments über einen Nachlass, in dem sich auch Personengesellschaftsanteile befinden, muss also immer der Gesellschaftsvertrag geprüft werden!
3. Auslandssachverhalte
Das deutsche Erbrecht gilt gemäß Art. 25 EGBGB (Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch) nur für solche Personen, die im Sterbezeitpunkt die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Ausländische Erblasser werden ebenfalls – derzeit noch – nach dem Recht ihres Heimatstaats beerbt. Anknüpfungstatsache ist also die Staatsangehörigkeit und nicht der Aufenthaltsort. Es gilt also z. B. für die österreichische Ehefrau österreichisches Erbrecht, auch wenn die Ehegatten schon seit 30 Jahren in Deutschland leben. Etwas anderes kann für Immobilien gelten. Diese werden oftmals nach dem Belegenheitsrecht vererbt, also dem Recht des Staates, in dem die Immobilie liegt. Im Falle des französischen und anglo-amerikanischen Rechtskreises kann dies zu einer sogenannten Nachlassspaltung führen, d.h. der Nachlass wird nach zwei verschiedenen Rechtsordnungen vererbt – einmal dem des Lageortes bei Immobilien und einmal nach dem Recht der Staatsangehörigkeit für die übrigen Nachlass. In diesem Fall erkennt das deutsche Recht gemäß Art. 3 Abs. 3 EGBGB den Vorrang der ausländischen Rechtsordnung an, so dass sich die Immobilie z. B. nach dem Erbrecht des Bundesstaats Florida vererbt. Ausländische Rechtsordnungen weichen oftmals stark von der deutschen ab (z. B. sind oft notarielle Erbverträge nicht erlaubt, Pflichtteilsrechte existieren nicht oder starke Kontrollinstrumente wie die Testamentsvollstreckung oder die Nacherbfolge sind unbekannt).
Für Sterbefälle ab 17. August 2015 werden in Europa einheitliche – für uns andere – Anknüpfungskriterien zugrunde gelegt: maßgeblich ist dann – und zwar für das gesamte Vermögen – der gewöhnliche Aufenthaltsort im Sterbezeitpunkt. Damit gilt: der in Berlin lebende Franzose, Italiener oder Österreicher wird einheitlich nach deutschem Recht beerbt. Er hat jedoch die Möglichkeit, durch ein Testament das Erbrecht seiner Staatsangehörigkeit zu wählen, so dass er auch dann, wenn er ins Ausland zieht, weiter nach seinem Heimatrecht beerbt wird, z.B. ein deutscher Rentner, der dauerhaft nach Spanien verzieht, jedoch das ihm bekannte Erbrecht des BGB beibehalten will. Eine solche Rechtswahl kann vorsorglich auch schon jetzt, mit Wirkung ab August 2015, erfolgen. Wichtig: es kann nur das Recht der Staatsangehörigkeit gewählt, nicht die „Wunschrechtsordnung„. Ein Deutscher mit Wohnsitz in Deutschland kann also nicht englisches Recht wählen. Dies hat den Sinn, dass z.B. Pflichtteilsrechte nicht ausgehöhlt werden sollen.
4. Sogenanntes „Patiententestament“
Kein Testament im Rechtssinne ist entgegen landläufiger Auffassung die sogenannte „Patientenverfügung“. Sie soll nicht erst für die Zeit nach dem Tod, sondern im Gegenteil gerade für die letzten Monate vor dem Tod gelten und anordnen, in welcher Weise der Patient seine medizinische Versorgung wünscht. Ziel ist es zu gewährleisten, dass dieser Patientenwille gerade dann zur Geltung kommt, wenn der Patient – etwa weil er im Koma liegt – sich nicht mehr selbst dazu äußern kann. Häufig ist es der Wunsch, dass bei unweigerlich zum Tod führender Erkrankung sich die ärztliche Behandlung auf die bloße Leidhilfe (Beseitigung von Schmerz, Atemnot, Brechreiz etc.) beschränken soll, also keine intensivmedizinische Versorgung mehr durchzuführen ist, ebenso wenig eine künstliche Beatmung oder Ernährung etwa mittels Magensonde.
In diesem Zusammenhang ist ferner die sogenannte „Vorsorgevollmacht“ zu nennen. Hierdurch wird eine Person des Vertrauens nicht nur für Verträge oder Behördengänge eingesetzt, sondern auch und gerade für den Bereich der Gesundheitsfürsorge, also etwa die Einwilligung in ärztliche Behandlungen, die Bestimmung des Aufenthaltsorts (Heimunterbringung) und damit die Gewährleistung der Umsetzung der eben erwähnten Patientenverfügung. Wer durch Vorsorgevollmacht eine Person seines Vertrauens benennt, benötigt keinen vom Vormundschaftsgericht eingesetzten Betreuer, denn er hat diese Entscheidungen der Gesundheitsfürsorge „privatisiert“. Gerade unter Ehegatten und nichtehelichen Lebensgefährten sind solche Vorsorgevollmachten zu Recht weit verbreitet. Auch für die Abwicklung des Nachlasses empfiehlt sich die Vorsorgevollmacht: diese kann auch über den Tod hinaus erteilt werden, so dass dem Erben ermöglicht wird, schon vor Erteilung eines Erbscheines seine Verfügungsberechtigung nachzuweisen.