Kündigung im Kleinbetrieb und das Gleichbehandlungsgesetz
Eine Kündigung in einem Betrieb, der weniger als zehn Mitarbeiter beschäftigt (Kleinbetrieb) bedarf nicht der sozialen Rechtfertigung, d.h. umgangssprachlich diesen Betrieb kein Kündigungsschutz. Dies bedeutet aber nicht, dass ein älterer Arbeitnehmer ohne weiteres gegen einen jüngeren ausgetauscht werden kann
Das Bundesarbeitsgericht entschied mit Urteil vom 13. Juli 2015 einen Fall, in dem einer 63 -jährigen Arzthelferin gekündigt wurde und an ihrer Stelle eine 35 jährige Krankenschwester eingestellt wurde. Eine 55 jährige Mitarbeiterin der Praxis mit gleichem Aufgabengebiet wurde nicht gekündigt. Die betriebsbedingte Kündigung der 63-jährigen Arzthelferin sei das Bundesarbeitsgericht als unwirksam an, da diese Kündigung gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG, landläufig als Antidiskriminierungsgesetz bezeichnet) verstoße. Ein Beschäftigter darf nicht wegen seines Lebensalters benachteiligt werden. Benachteiligt worden ist hier die Klägerin im Vergleich zu ihrer 55 -jährigen Kollegin, die nicht gekündigt wurde – ob das nun tatsächlich wegen des Alters geschah muss in einem weiteren Schritt geprüft werden. Dies wirft die Frage auf, wer eigentlich das Vorliegen einer Diskriminierung zu beweisen hat. Dem Arbeitnehmer ist dies in aller Regel unmöglich, da er die Motivation des Arbeitgebers ja nicht kennt. Aus diesem Grunde trifft das Gesetz eine Regelung dahingehend, dass der Arbeitnehmer lediglich Indizien vortragen muss die eine solche Benachteiligung vermuten lassen. Eine bloße Mitursächlichkeit genügt. Der Arbeitgeber muss sodann beweisen, dass er nicht diskriminiert hat, also in diesem Falle das Alter keinerlei Rolle gespielt hat, wobei entscheidend ist, dass es auf ein schuldhaftes Handeln oder eine Benachteiligungsabsicht nicht ankommt. Im zu entscheidenden Fall war der beklagten Praxis zum Verhängnis geworden, dass sie in das Kündigungsschreiben den Hinweis aufgenommen hatte, dass die Klägerin ja nun eine Pensionsberechtigung hätte. Dies war nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts ein ausreichendes Indiz für den Umstand, dass die eine Benachteiligung aufgrund des Alters vorlag. Über die Frage, ob der Rechtstreit anders ausgegangen wäre, wenn die Beklagte Praxis sich diesen Hinweis gespart hätte lässt sich nur spekulieren. Die beklagte Praxis hat (selbstverständlich) behauptet, dass die Klägerin nur wegen ihres niedrigeren Qualifikationsniveaus gekündigt worden sei. Sie konnte damit allerdings nicht beweisen, dass das Alter keine Rolle gespielt habe (Stichwort „willkommener Anlass“). Die Entscheidung ist ein weiteres Beispiel dafür, dass gut gemeinte „geschwätzige Kündigungen“ nicht immer gut gemacht sind – zumindest aus Arbeitgebersicht. Dass die Kündigung unter Heranziehung der Kriterien für eine Sozialauswahl in einem Betrieb mit Kündigungsschutz ausgesprochen war, spielt nach Auffassung des BAG keine Rolle, da dies nicht eine Benachteiligung wegen des Alters ausschließt.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23. Juli 20 5,6 AZR 457/14
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