Vor- und Nacherbschaft: wie kann sich der Nacherbe schützen?
Im Zusammenhang mit der Anordnung von Vor- und Nacherbschaft treten immer wieder Fragen auf. Häufiger Streitpunkt ist die Frage, wie Nacherben ihre Rechte gegenüber dem Vorerben durchsetzen können, wenn dieser gegen seine Pflichten z. B. auf ordnungsgemäße Verwaltung des Nachlasses verstößt. Klar ist: der Vorerbe unterliegt zahlreichen Beschränkungen. Was aber, wenn er sich einfach nicht daran hält? Dann macht er sich zwar schadensersatzpflichtig, doch das wird dem Nacherben nichts nützen, wenn der Nacherbfall wie so häufig mit dem Tod des Vorerben eintreten soll. Hier kommt es also darauf an, dass der Nacherbe noch zu Lebzeiten Sicherungsmaßnahmen gegen den Vorerben ergreifen kann. Die wichtigste Maßnahme in diesem Zusammenhang ist die Pflicht zur Sicherheitsleistung des Vorerben und ggf. Anordnung der gerichtlichen Verwaltung des Nachlasses, wenn der Vorerbe nach rechtskräftiger Verurteilung zur Sicherheitsleistung diese nicht innerhalb einer vom Gericht gesetzten Frist leistet. Das OLG Schleswig hat kürzlich in einer Entscheidung vom 14. Oktober 2014 in diesem Bereich erfreuliche Klarheit geschaffen. So hat es zunächst noch einmal deutlich gemacht, dass die Anordnung der gerichtlichen Zwangsverwaltung in einem gestuften Verfahren erfolgt, also zuerst die Verurteilung zur Sicherheitsleistung (Kaution) erfolgt, dann eine Frist gesetzt werden muss und erst nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist die gerichtliche Verwaltung angeordnet werden kann. Mit Anordnung der Verwaltung entfällt dann aber der Anspruch auf Sicherheitsleistung. Eine Ausnahme hiervon mit der Folge der sofortigen Anordnung der gerichtlichen Verwaltung darf nur ausnahmsweise in besonders krassen Fällen geschehen.
Das OLG hält noch einmal fest, dass der Nacherbe Anspruch darauf hat, dass der Vorerbe eine Sicherheit in Höhe der gesamten Erbschaft leistet, wenn durch sein Verhalten oder seine ungünstige Vermögenslage eine erhebliche Verletzung der Rechte des Nacherben droht. Dies ist der Fall, wenn zu befürchten ist, dass der Vorerbe seine Pflicht zur Herausgabe des Nachlasses in dem Zustand, in dem sich der Nachlass bei einer bis zur Herausgabe ordnungsgemäßen Verwaltung befindet, verstößt. Hierzu gehört auch, dass der Vorerbe im Fall des Eintritts des Nacherbfalls Rechenschaft über seine Verwaltung ablegen muss. Die Gefährdung der Rechte des Nacherben muss auf der Art und Weise der Verwaltung des Nachlasses beruhen. Ein Verschulden ist hierbei nicht erforderlich. In der genannten Entscheidung hat das OLG sehr instruktiv die Fälle aufgelistet, in denen derartige Verstöße anzunehmen sind. Diese können z.B. sein:
- Der nicht befreite Vorerbe verhält sich wie ein befreiter Vorerbe,
- Der Vorerbe entnimmt dem Nachlass mehr als die Nutznießungen, zu denen er berechtigt ist,
- Der Vorerbe bezahlt Renovierungen der Nachlassimmobilien aus dem Nachlass und nicht aus seinem eigenen Vermögen,
- Er legt das Vermögen trotz Aufforderung nicht mündelsicher an.
Hinsichtlich der Höhe der Sicherheitsleistung stellt das OLG Schleswig klar, dass diese sich nicht auf den Wert der Immobilien bezieht, da in diesem Falle der Nacherbe durch den Eintrag des Nacherbenvermerks im Grundbuch ausreichend geschützt ist. Ein bestehender bzw. möglicher Schadensersatzanspruch des Nacherben wegen bekannter pflichtwidriger Veräußerung ist jedoch in die Berechnung mit einzubeziehen.
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OLG Schleswig, Urteil vom 14. Oktober 2014, 3 U 7/14
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