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Unwirksamkeit von Vertragsstrafeklauseln

 

Häufig ist man als im Arbeitsrecht tätiger Rechtsanwalt mit Vertragsstrafeklauseln in Arbeitsverträgen konfrontiert. Mit solchen Klauseln lässt sich der Arbeitgeber eine Vertragsstrafe für Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers zusprechen. Diese stehen in aller Regel im Zusammenhang mit der Nichterbringung der Arbeitsleistung, also wenn ein Arbeitnehmer seine Arbeit vor Beginn des Vertragsverhältnisses nicht aufnimmt oder das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigt. Die Höhe der Vertragsstrafe ist von Arbeitsvertrag zu Arbeitsvertrag verschieden. Es entsteht immer die Frage, ob eine solche Klausel wirksam ist, denn Vertragsstrafeklauseln werden von der Rechtsprechung seit jeher sehr skeptisch beäugt.

Das Bundesarbeitsgericht hielt so auch jüngst in einem Urteil folgende Vertragsstrafeklausel für unwirksam: „Nimmt der Mitarbeiter die Arbeit nicht oder verspätet auf, löst er das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist auf, so hat der Mitarbeiter an das Unternehmen eine Vertragsstrafe zu bezahlen. Als Vertragsstrafe wird für den Fall der verspäteten Arbeitsaufnahme sowie der vorübergehenden Arbeitsverweigerung ein Bruttotagesentgelt für jeden Tag der Zuwiderhandlung vereinbart, insgesamt jedoch nicht mehr als das in der gesetzlichen Mindestkündigungsfrist ansonsten erhalten Arbeitsentgelt. Im Übrigen beträgt die Vertragsstrafe ein Bruttomonatsentgelt.“

Die Klage des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe des Lohns für 14 Tage war in allen drei Instanzen erfolglos, obwohl der Arbeitnehmer unter Missachtung der 14-tägigen Kündigungsfrist fristlos gekündigt hatte.

Das BAG zerlegt diese Klausel zunächst in ihre zwei Bestandteile: einmal den die Vertragsstrafe begründenden Sachverhalt (vorzeitige Auflösung des Arbeitsverhältnisses) und die darauf folgende Rechtsfolge (Höhe der Vertragsstrafe). Zunächst schickt das Gericht voraus, dass die Klausel nicht bereits an § 309 Nr. 6 BGB scheitert, da bei Arbeitsverträgen die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten zu berücksichtigen sind und solche Vertragsstrafeklauseln durchaus üblich sind. Das Gericht lässt im Folgenden offen, ob bereits der erste Teil der Klausel unwirksam ist, weil daraus nicht klar wird, ob nur solche außerordentlichen Kündigungen des Arbeitnehmers erfasst werden, die ohne wichtigen Grund ausgesprochen würden oder sämtliche außerordentlichen und fristlosen Kündigungen. Entscheidend ist für das Gericht allein, dass der zweite Teil der Klausel den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt und deshalb unwirksam ist. Für den Fall der fristlosen Kündigung sei nach der Klausel nämlich eine Vertragsstrafe in Höhe eines Bruttomonatsgehaltes zu zahlen. Daran ändert auch der Halbsatz „insgesamt jedoch nicht mehr als das in der gesetzlichen Mindestkündigungsfrist ansonsten erhalten Arbeitsentgelt“ nichts. Die unangemessene Benachteiligung ergibt sich aus dem Umstand, dass der Arbeitgeber dadurch nach Auffassung des Gerichtes übersichert ist. In der Probezeit gilt eine Kündigungsfrist von 14 Tagen. Innerhalb dieser muss der Arbeitgeber auch mit einer Kündigung des Arbeitnehmers rechnen. Ist die Vertragsstrafe nun höher als die Arbeitsvergütung, die in dieser Zeit zu zahlen gewesen wäre, stellt dies nur ausnahmsweise keine unangemessene Benachteiligung dar; nämlich dann, wenn der Wert der Arbeitsleistung aufgrund besonderer Umstände typischerweise und generell die geschuldete Arbeitsvergütung übersteigt.

Hinweis: selbst wenn der Arbeitgeber jetzt nur eine Vertragsstrafe in Höhe des Gehaltes für diese 14 Tage berechnet hätte, könnte er diese nicht durchsetzen. Maßgeblich ist bei der Beurteilung der Wirksamkeit von allgemeinen Geschäftsbedingungen nämlich nicht, was konkret aus der Klausel gemacht wird, sondern was theoretisch und abstrakt alles möglich gewesen wäre.

 

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Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17. März 2016, 8 AZR 665/14

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