Auftraggeber verbietet Einsatz – behält Arbeitnehmer trotzdem seinen Lohnanspruch?
Die Ausübung vieler Berufe ist an Zulassungen oder andere behördliche Voraussetzungen geknüpft. Wird eine solche widerrufen oder vorübergehend ausgesetzt, so stellt sich die Frage, ob der Arbeitnehmer dennoch seinen Lohn bekommt, wenn er wegen Fehlens dieser Zulassung nicht von seinem Arbeitgeber eingesetzt werden kann.
Das Bundesarbeitsgericht hatte jetzt einen Fall zu entscheiden, in dem ein Luftsicherheitsassistent, der als Fluggastkontrolleur auf Flughäfen eingesetzt war, vorübergehend nicht mehr eingesetzt werden sollte. Die Bundespolizeidirektion, in deren Auftrag das Sicherheitsunternehmen, bei dem der Kläger anstellt war, tätig war, hatte den Arbeitgeber aufgefordert, den Kläger bis auf weiteres nicht mehr als Luftsicherheitsassistenten einzusetzen. Vorausgegangen waren Beschuldigungen einer Kollegin, wonach der Arbeitnehmer im Dienst Straftaten begangen haben soll. Die strafrechtlichen Ermittlungen wurden in der Folgezeit eingestellt und sodann hob die Bundespolizeidirektion den angeordneten Nichteinsatz wieder auf. Der Arbeitgeber hatte den Mitarbeiter nicht fristlos gekündigt, sondern ihn für diesen Zeitraum unbezahlt von der Arbeit freigestellt. Nach Aufhebung der Sperre klagte nun der Arbeitnehmer seinen Arbeitslohn für dieses Jahr ein – zu Recht, wie das Bundesarbeitsgericht urteilte.
Ausgangspunkt der Überlegungen des Gerichts ist, dass sich der Arbeitgeber in Annahmeverzug befand, d.h. dass er die ihm angebotene Leistung (die Tätigkeit des Arbeitnehmers) nicht angenommen hat. Dies hat zur Folge, dass der Arbeitnehmer dennoch die geschuldete Vergütung verlangen kann. Voraussetzung für Annahmeverzug im laufenden Arbeitsverhältnis ist, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung auch tatsächlich angeboten hat; hierzu genügt ein wörtliches Angebot, wenn der Arbeitgeber klar erklärt hat, er werde die Leistung nicht annehmen. Auch ein solches wörtliches Angebot ist jedoch entbehrlich, wenn der Arbeitgeber zu erkennen gegeben hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde – was er zum Beispiel durch eine Freistellung regelmäßig tut. Die Voraussetzungen des Annahmeverzuges waren in diesem Fall also grundsätzlich gegeben.
Allerdings, und dies ist der interessante Teil der Entscheidung, hat das Bundesarbeitsgericht festgestellt, dass der Annahmeverzug des Arbeitgebers nicht ohne weiteres ausgeschlossen sei, weil der Arbeitnehmer außer Stande ist, seine Arbeitsleistung zu bewirken. Eine solche Unmöglichkeit kann auf tatsächlichen Umständen (zum Beispiel Arbeitsunfähigkeit) oder rechtlichen Gründen (Fehlen von erforderlichen Erlaubnissen oder deren Entzug) beruhen. Das Bundesarbeitsgericht untersuchte sehr eingehend, was hier genau vorgefallen war. Entscheidend war, dass dem Arbeitnehmer das Betreten des Flughafens nach wie vor erlaubt und seine Beleihung als Luftsicherheitsassistent nicht widerrufen war. Die Luftfahrtbehörde hatte zwar eine Zuverlässigkeitsüberprüfung angeordnet, allerdings führte dieses Verfahren nicht zu dem Ergebnis, dass die Feststellung der Zuverlässigkeit aufgehoben wurde. Die bloße Aufforderung der Bundespolizei, den Mitarbeiter nicht mehr einzusetzen, kann ein rechtliches Unvermögen nicht begründen, denn sie enthält weder ein Beschäftigungs- noch ein Zugangsverbot. Das „Einsatzverbot“ der Bundespolizei verbietet dem Kläger nicht die Ausübung seiner Tätigkeit, sondern dem Arbeitgeber den Einsatz des Klägers. Die Bundespolizei hat damit keine Entscheidung auf hoheitlicher Grundlage, sondern als Auftraggeberin der Sicherheitsfirma, getroffen.
Eine solche Konstellation tritt relativ häufig, insbesondere beim Outsourcing, auf. Wünscht der Auftraggeber, einen bestimmten Arbeitnehmer des Auftragnehmers nicht mehr einzusetzen, so begründet dies dem Grundsatz nach kein Unvermögen des Arbeitnehmers und setzt den Arbeitgeber somit in Annahmeverzug. Ein Annahmeverzug wäre nur dann ausgeschlossen, wenn die Annahme der Arbeitsleistung unzumutbar wäre. Dies ist immer dann der Fall, wenn dem Arbeitnehmer ein ungewöhnlich schwerer Verstoß gegen allgemeine Verhaltenspflichten zur Last gelegt werden kann.
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Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21. Oktober 2015, 5 AZR 843/14
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